Die Energiewende ändert unsere Energieversorgung grundlegend. Die Energieversorgung wandelt sich von einem zentral gesteuerten System mit wenigen großen und gut steuerbaren Kraftwerken hin zu einem System mit vielen verteilten, erneuerbaren Erzeugern, deren Erzeugungsleistung stark schwankt. Außerdem wächst die Anzahl größerer Verbraucher im Verteilnetz, da unter anderem die Mobilität und Wärmeversorgung zunehmend elektrifiziert werden.
Im Zuge dieses Wandels erhöht sich unweigerlich die Komplexität des ehemals zentralen, informationsarmen Energieversorgungssystems. Die zukünftige Systemdynamik ergibt sich aus dem Zusammenspiel von dezentralen Erzeugern, Wetter, Marktmechanismen, lokalen Speicherkapazitäten, neuem Nutzungsverhalten (z.B. E-Mobilität) und Kopplung vormals getrennter Energiebereiche (z. B. elektrische Netze, Gasübertragungs- und Fernwärmenetze). Die untenstehende Grafik illustriert vereinfacht diesen Wandel im System. Um eine optimale Energieversorgung bei derartig vielfältigen Interaktionen zu gewährleisten, ist die Entwicklung einer IKT-Infrastruktur mit umfangreichem Informationsaustausch notwendig.
Der Entwicklung und Integration passender IKT-Systeme sowie zukünftiger dezentraler Energieressourcen liegt ein vielstufiger Prozess zugrunde. Erste konzeptionelle Entwürfe neuer Technologien werden üblicherweise mittels analytischer Methoden getestet, während am Ende des Entwicklungsprozesses umfangreiche Feldtests stehen. Für den Übergang zwischen diesen beiden Schritten werden Methoden benötigt, die günstiger und flexibler sind als Feldtests, aber gleichzeitig die Systemkomplexität besser abbilden als analytische Ansätze. Die Gruppe „Co-Simulation multimodaler Energiesysteme“ (COM) spezialisiert sich dazu auf die simulationsgestützte Systemanalyse für die Entwicklung und Validierung neuer Komponenten und Architekturen des Versorgungsnetzes.
Bei der Simulation von Systemen können verschieden Ansätze genutzt werden. Eine Möglichkeit ist es, das gesamte System mit all seinen Teilkomponenten zusammen in einem Simulationstool abzubilden. Das hat jedoch den Nachteil, dass die Teilkomponenten schwieriger wiederzuverwenden sind und zusammen entwickelt werden müssen. Das übersteigt gerade bei komplexen Systemen mit sehr vielen unterschiedlichen Teilkomponenten häufig die Möglichkeiten eines Projekts. Außerdem ist ein einzelnes Tool häufig technologisch nicht die beste Wahl für die Modellierung aller Teilkomponenten. Daher ist der Ansatz bei der Co-Simulation, unterschiedliche Simulationsmodelle und Komponenten zu verknüpfen, um das gesamte System abzubilden. Im Bereich der Energiesystemsimulation sind dies zum Beispiel das Stromnetz, erneuerbare Energieerzeugung, Wetterdaten, eine Marktsimulation, Verbrauchssimulationen oder auch die Simulation der Kommunikation von IKT-Komponenten. Wie in der folgenden Abbildung dargestellt, sind diese Teilkomponenten über ein gemeinsames Framework verknüpft, welches die Orchestrierung übernimmt und die Kommunikation zwischen den Simulatoren ermöglicht. Diese Aufgabe kann zum Beispiel das Tool mosaik übernehmen.
Einige Beispiele der zentralen Bestandteile einer Co-Simulation sind oben genannt. Wenn diese Bestandteile zusammenarbeiten, können Erkenntnisse gesammelt werden, die die einzelnen Modelle nicht liefern können. Dies ist im unteren Beispiel zu erkennen. Hier werden PV-Anlagen, ein einfaches Stromnetz und Haushalte als Stromverbraucher kombiniert. Zusammen mit Wetterdaten kann hier beobachtet werden, wann welche Teile des Stromnetzes überlastet sind. Damit können Szenarien aufgebaut und analysiert werden, um zum Beispiel mögliche zukünftige Entwicklungen und notwendige Anpassungen im Stromnetz zu berechnen. Unser Beitrag zu diesen Simulationen ist die einfache und flexible Möglichkeit, die Netzsimulation sowie PV- und Haushaltsmodelle zu kombinieren und Steuerungsalgorithmen, z.B. für das Verhalten von Batteriespeichern, in das Szenario zu integrieren.
Das Beispiel kann hier ausprobiert werden: https://mosaik.offis.de/live-demo/
Wir entwickeln die Kernfunktionen von mosaik weiter, um die Möglichkeiten und die Usability von Co-Simulationen zu erweitern und verbessern. Dabei ist die gesamte Entwicklung von mosaik open-source. Damit ermöglichen wir es Forschenden weltweit, Co-Simulationen durchzuführen und insbesondere, aber nicht nur, Szenarien im Energiesystem genauer und einfacher zu untersuchen. Wir laden auch externe Entwickler und Entwicklerinnen gerne ein, an der Entwicklung von mosaik teilzuhaben. Das Repository findet sich hier: gitlab.com/mosaik/mosaik
Themen für zukünftige Entwicklungen sind neben der Usability und Performanz auch Simulation-as-a-Service, Verteilte Simulationen, Simulationsautomatisierung und das Teilen von Simulationsmodellen.
Mehr Informationen zu mosaik können auch auf der Webseite gefunden werden: https://mosaik.offis.de/
Die Stärke von mosaik liegt auch darin, dass es bereits viele Adapter zu anderen Werkzeugen sowie Modellen verschiedenen Anlagen gibt. Dazu zählen unter anderem pandapower für Netzberechnungen, OMNeT++ für Kommunikationssimulation sowie Adapter zur Anbindung von Matlab, Java und weiteren Programmiersprachen. Dieses Ökosystem bauen wir stetig weiter aus, um die Möglichkeiten von Co-Simulationen erweitern zu können. Weite Teile des mosaik Ökosystems findet sich hier: https://gitlab.com/mosaik
Ob es der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft ist oder die Untersuchung von Szenarien in zukünftigen Quartieren: Wir verwenden mosaik und das Ökosystem, um Szenarien zu modellieren und zu simulieren, um neue Erkenntnisse für Energiesysteme zu erhalten. Außerdem können wir durch den Einsatz von mosaik die Stärken und Schwächen unserer Tools besser einschätzen und können in dem Zuge die Weiterentwicklung von mosaik anhand der eigenen Erfahrungen planen.
MEO
Der Umbau unseres Energiesystems hin zu erneuerbaren Energien stellt uns vor viele Herausforderungen. In der klassischen Energiesystemanalyse werden Modelle zur Beantwortung vieler Fragestellungen verwendet, wie zum Beispiel zu kostenoptimalen Ausbaupfaden. Diese Modelle beinhalten jedoch aufgrund des strategischen, langen Zeithorizonts der Untersuchung immer deutliche Vereinfachungen in ihrer Komplexität und eignen sich deshalb kaum zur Untersuchung operativer Auswirkungen auf das Stromnetz.
Im Projekt „MEO – Modellexperimente in der operativen Energiesystemanalyse“, welches von 2019 bis 2021 durchgeführt wurde, wurden Szenarien entwickelt, die zur Untersuchung der operativen Auswirkungen von Energieerzeugern und -verbrauchern in hoher zeitlicher und geographischer Auflösung genutzt werden können. Dazu gehören zum Beispiel die Auswirkungen von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen auf Wärme- und Stromnetze.
Innerhalb der entwickelten Szenarien wurden Modelle der verschiedenen Projektpartner miteinander verglichen. Von OFFIS Seite wurde für diesen Vergleich das am OFFIS entwickelte open-source Co-Simulations-Framework mosaik verwendet. Es wurden teils bereits vorher gekoppelte Modelle für den Vergleich verwendet und teilweise neue Modelle angebunden. Zudem wurde untersucht, ob unterschiedliche Tools zu denselben Ergebnissen kommen und herausgearbeitet, in welchen Punkten die Modelle gleiche Eigenschaften besitzen oder sich unterscheiden.
OFFIS konnte mit diesem Projekt die Entwicklung von mosaik weiter vorantreiben und zudem Erfahrungen im Forschungsbereich der operativen Energiesystemanalyse erweitern.
Hydrogen for Bremen’s industrial Transformation - Ein Initialimpuls für die Wasserstoff-Hanse
Laufzeit: 2022 - 2026
National Research Data Infrastructure for the Interdisciplinary Energy System Research
Laufzeit: 2023 - 2028
Resilienz im digitalisierten Stromsystem: Toolbox zur Bewertung von Systemdienstleistungsmärkten
Laufzeit: 2022 - 2024Danila Valko and Daniel Kudenko; Computer Networks; April / 2024
Schwarz, Jan Soeren and Pham, Minh Cong and Tran, Quoc Tuan and Heussen, Kai; 2023 Asia Meeting on Environment and Electrical Engineering (EEE-AM); 01 / 2024
Adelt, Fabian and Barsanti, Matteo and Hoffmann, Sebastian and Sarma, Debopama Sen and Schwarz, Jan Sören and Vermeulen, Ben and Warendorf, Tom and Binder, Claudia and Droste-Franke, Bert and Lehnhoff, Sebastian and Myrzik, Johanna and Rehtanz, Christian and Weyer, Johannes ; Advances in Social Simulation; September / 2023
Rebeca Ramirez Acosta; Chathura Wanigasekara; Sebastian Lehnhoff; Jorge Marx Gómez; September / 2023
Ramirez, Rebeca and Wanigasekara, Chathura and Frost, Emilie and Brandt, Tobias and Lehnhoff, Sebastian and Büskens, Christof; Available at SSRN 4313578; May / 2023
Maurer, Florian and Miskiw, Kim K. and Ramirez Acosta, Rebeca and Harder, Nick and Sander, Volker and Lehnhoff, Sebastian; Energy Informatics; 2023
Rebeca Ramirez Acosta; Sebastian Lehnhoff; Jorge Marx Gomez; 18th International Conference on European Electricity Market, (EEM); 2022
Ferenz, Stephan and Ofenloch, Annika and Penaherrera Vaca, Fernando and Wagner, Henrik and Werth, Oliver and Breitner, Michael H. and Engel, Bernd and Lehnhoff, Sebastian and Nieße, Astrid; Energies; 2022
Brandt, Jonathan and Frost, Emilie and Ferenz, Stephan and Tiemann, Paul Hendrik and Bensmann, Astrid and Hanke-Rauschenbach, Richard and Nieße, Astrid; Energy Informatics; 2022
Beck, Jan-Philip and Sawant, Parantapa and Drauz, Simon Ruben and Schwarz, Jan Sören and Heyer, Annika and Huismann, Philipp; Energies; 2022