IMOR-3D Interaktive Modellrekonstruktion aus digitalen Bildern

Ziele

Ziele des Projektes sind die Konzeption, dieRealisierung und die Evaluation eines Werkzeuges für die interaktive Rekonstruktion dreidimensionaler geometrischer Modelle realer Objekte aus digitalen fotografischen Bildern. Dazu wird ein einheitliches Konzept zur Integration der einzelnen Aufgaben im Rahmen des Prozesses der Geometrie-Rekonstruktion eingeführt.

Das Werkzeug unterstützt den Benutzer sowohl durch geeignete Darstellungs- und Interaktionstechniken als auch durch adäquate Methoden und Modellen bei der Lösung seiner Aufgaben. Es wird für Benutzer aus unterschiedlichen Anwendungsbereichen (z.B. Architektur, Denkmalschutz, Archäologie, Werbung) mit verschiedenen Fachkenntnissen und Erfahrungen im Umgang mit interaktiven rechnergestützten Systemen entwickelt. Deshalb ist als eines der wichtigen Entwicklungsziele des Projektes IMOR-3D ­ neben der Aufgabenintegration und der Offenheit des Systems, die Inhomogenität und die Breite des potentiellen Benutzerkreises bei der Gestaltung der Benutzungsschnittstelle zu beachten und ein hohes Maß an Gebrauchstauglichkeit zu gewährleisten.

 

 

 

 

 

Einstieg

Die Geometrie-Rekonstruktion in IMOR-3D basiert auf Gruppen von digitalen Grauwertbildern, die von unterschiedlichen Kamerastandorten aufgenommen worden sind.

Die digitalen Bilder können mit digitalen synchronen oder asynchronen Kameras aufgenommen sowie durch das Digitalisieren von Film- oder Papierbildvorlagen erzeugt worden sein. In beiden Fällen wird angenommen, das sich die mit Hilfe einer Kamera realisierte Objektabbildung durch Zentralprojektion grob approximieren läßt. Abweichungen von der Zentralprojektion werden durch Objektivverzeichnungen und Bilddeformationen bedingt und durch ein Verzeichnungs- bzw. ein Deformationsmodell berücksichtigt.

 

Die Rekonstruktion der dreidimensionalen Koordinaten eines Objektpunkteserfolgt durch das Erfassen der zu ihm korrespondierenden Bildpunkte aus einer Gruppe von Bildern. Sie setzt voraus, daß diese Punkte in den Bildern erkannt werden können. Ferner müssen die Standorte der entsprechenden Kameras, die Modelle ihrer Zentralprojektionen und ihrer Verzeichnungen sowie die Deformationsmodelle der Bilder bekannt sein. Die Rekonstruktion komplexer geometrischer Modelle wird auf das Erfassen von einfachen geometrischen Objekten in den Bildern zurückgeführt. Dabei ist auf die unter Umständen nicht vernachlässigbaren Objektivverzeichnungen und Bilddeformationen zu achten. Um die Voraussetzungen für ihre korrekte Erfassung zu schaffen, werden eine Verzeichnungs- und Deformationskorrekturen der digitalen Bilder durchgeführt.

 

Für die Validierung des rekonstruierten Modells werden mit Hilfevirtueller Kameras "virtuelle fotografische" Bilder (Modellbilder) erzeugt. Dabei sind die Abbildungseigenschaften der virtuellen Kameras durch die ermittelten Modelle der für die Bilderfassung eingesetzten Kameras und Objektive festgelegt. Die Modellbilder enthalten grafische Darstellungen der Komponenten des geometrischen Modells. Die Validierung kann von einem Menschen durchgeführt werden, in dem er entscheidet, ob die fotografischen Objektbilder und die virtuellen Modellbilder in seinem Sinne übereinstimmen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Konzeptioneller Rahmen

Studio, Aufnahmestationen, Ansichten, Szenen, Aufnahmen und digitale Bilder.

Für die einheitliche Beschreibung der geometrischen Beziehungenzwischen einem Rekonstruktionsobjekt und den benutzten Kameras, deren Objektiven sowie deren Standorten werden in IMOR-3D die Metaphern Studio, Aufnahmestation, Ansicht und Szene eingeführt. Das Studio ist ein virtuelles Objekt, das das Koordinatensystem für das zu rekonstruierende geometrische Modell und für die Beschreibung der Parameter der Kamerastandorte festlegt (Abb. 1).

 

 

Abb. 1: Studio, Rekonstruktionsobjekt undAufnahmestationen

 

Das Rekonstruktionsobjekt befindet sich in einem solchen Studio. Im selben Studio befinden sich ferner mehrere Aufnahmestationen, mit deren Hilfe digitale Bilder (Originalbilder) erfaßt werden können, die unterschiedliche Ansichten des Rekonstruktionsobjekts darstellen. Ansichten können in Szenen zusammengefaßt werden, damit szenenbezogene Modelle rekonstruiert werden können. Die Aufteilung der Ansichten in Szenen kann einerseits auf Grund der geometrischen Eigenschaften des Rekonstruktionsobjektes erfolgen (z.B. konstante Form und Lage des Rekonstruktionsobjekts ­ Verformungen und Lageveränderungen eines Objekts werden in einer Serie von Szenen durch Bilder dokumentiert), andererseits auf Grund anderer Aspekte des Rekonstruktionsobjekts bedingt sein und beispielsweise der Rekonstruktion von szenenbezogenen Modellen nach unter-schiedlichen Themen dienen. Diese Zusammenhänge sind Abb. 2 veranschaulicht.

 

 

 

Abb. 2: Studio, Aufnahmestationen, Szenen und Ansichten

 

Jede Aufnahmestation ist mit einer Kamera "ausgerüstet"und wird durch ein Modell charakterisiert, das drei Teilmodelle gruppiert: Modell der Lage und der Orientierung, Kameramodell und Objektivmodell.

 

Ein Originalbild ist ein digitales Bild, das mit Hilfe einer Aufnahmestation aufgenommen worden ist und eine Ansicht des Rekonstruktionsobjekts darstellt. Ein Originalbild weist im allgemeinen Fall Verzeichnungen und Deformationen auf. Während die Verzeichnungen objektiv- bzw. aufnahmestationsspezifisch sind, können die Deformationen auch bildspezifisch sein. Aus einem Originalbild können deformationsfreie sowie deformations- und verzeichnubgsfreie Bilder erzeugt werden.

 

Geometrisches Modellieren.

In IMOR-3D werden geometrische Modelle im Rahmen von Projekten erstellt.In einem Projekt wenden die für die Geometrie-Rekonstruktion relevanten Aufnahmestationen, Ansichten bzw. Szenen sowie die rekonstruierten geometrischen Modelle verwaltet. Bei den geometrischen Modellen wird zwischen szenenbezogenen und projektbezogenen Modellen unterschieden. Ein szenenbezogenes geometrisches Modell beschreibt relevante geometrische Merkmale eines Rekonstruktionsobjekts. Um Bewegungen bzw. Verformungen oder unterschiedliche Aspekte des Rekonstruktionsobjekts zu modellieren, können in IMOR-3D mehrere szenenbezogene geometrische Modelle erstellt und zu einem projektbezogenes Modell zusammengesetzt werden. In IMOR-3D sind zwei Typen von projektbezogenen Modellen vorgesehen: "zeitliche" Konkatenation und "räumliche" Vereinigung von szenenbezogenen geometrischen Modellen. Das geometrische Modellieren wird auf das Erstellen szenenbezogener Modelle zurückgeführt, die durch Konkatenation oder Vereinigung zu Projektmodellen kombiniert werden können. Die geometrischen Modelle in IMOR-3D basieren auf einem non-manifold Repräsentationsschema, das Geometrischer Zellkomplex genannt wird. Der Geometrische Zellkomplex ist ein topologischer Komplex, in dem den topologischen Zellen geometrische Eigenschaften zugewiesen werden. Es werden null-, eins-, zwei- und dreidimensionale Zellen definiert, die für die Beschreibung komplexerer geometrischer Objekte wie Kurven, Flächen und Körper benutzt werden. Das Erstellen geometrischer Modelle erfolgt durch die Anwendung spezieller Operationen für die Manipulation der topologischen und geometrischen Eigenschaften des Modells. Durch dieses Repräsentationsschema wird angestrebt, sowohl das interaktive als auch das automatische Erstellen geometrischer Modelle unterstützen zu können.

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Rekonstruktionsprozeß

In IMOR-3D beginnt die Rekonstruktion des geometrischen Modells eines Rekonstruktionsobjekts mit der Einrichtung eines Projektes. Diese umfaßt die Festlegung von Aufnahmestationen innerhalb eines Studios, die Festlegung von Szenenansichten sowie die Wahl des Projekttyps.

 

 

 

 

Die Geometrie-Rekonstruktion kann nach Ermittlung der Parameter vonAufnahmestationen erfolgen.

 

Ermittlung der Parameter von Aufnahmestationen

Beim Hinzufügen einer Aufnahmestation in ein Projekt werden ihrenParametern vordefinierte Werte zugewiesen. Diese stellen Parametervorgaben dar, die geändert werden können. Nach dem Hinzufügen von Szenenansichten sind noch Originalbilder mit ihnen zu assoziieren Vor der Ermittlung der Parameter einer Aufnahmestation, sind einige Vorbereitungsarbeiten zu erledigen:

 

Einstellen von Vorgaben für die Kameraparameter der Aufnahmestationen(Sensortyp und Parameter des Koordinatensystem-Referenzobjekts)

Ermittlung von Deformationsmodellen zu den mit der Aufnahmestationerfaßten Originalbildern (bzw. zu den entsprechenden Originalaufnahmen)

Erzeugen von deformationsfreien Bildern bzw. Aufnahmen

Die zu ermittelnden Parameter einer Aufnahmestation sind ihre Objektivparatemerund die Parameter ihrer äußeren Orientierung. Ihre Werte können einerseits auf Grund von korrespondierenden Objekt- und Bildpunkten berechnet werden, andererseits können diese Werte aus einer früheren Kalibrierung vorliegen und müssen den Parameter zugewiesen werden. Der zweite Fall kommt selten vor, wird aber in IMOR-3D berücksichtigt.

 

Die Vorbereitung der Berechnung im ersten Fall umfaßt:

 

 

Erfassen von Paßpunkten (Objektpunkte mit bekannten Koordinaten)

Erfassen von Bildpunkten in deformationsfreien Bildern

Ermitteln der Korrespondenz zwischen Bildpunkten und Objektpunkten

Erfassen von Näherungswerten der zu ermittelnden Parameter

Die Ermittlung dieser Parameter wird durch die Durchführung einer Berechnung abgeschlossen. Mit Hilfe der Objektivparameter wird ein Verzeichnungsmodell gebildet. Als Vorbereitung für die Rekonstruktion des geometrischen Modells des Rekonstruktionsobjekts werden mit Hilfe des ermittelten Verzeichnungsmodelle deformations- und verzeichnungsfreie Bilder (bzw. Aufnahmen) erzeugt.

Die Geometrie-Rekonstruktion

Die Rekonstruktion des geometrischen Modells erfolgt in zwei Schritten:

 

Erstellen von szenenbezogenen geometrischen Modellen. Dies umfaßt:

 

Erfassen geometrischer Primitive in deformations- und verzeichnungsfreien Bildern,

Festlegen der Korrespondenz zwischen den erfaßten Primitiven,

Ermitteln der dreidimensionalen Äquivalenten der geometrischenPrimitive und

Zusammensetzen der Primitive zu komplexen geometrischen Modellen.

Erzeugen von projektbezogenen geometrischen Modellen.

Die Geometrie-Rekonstruktion erfolgt interaktiv. IMOR-3D bietet fürdie Erfassung geometrischer Merkmale und das Festlegen ihrer Korrespondenzen geeignete Interaktions- und Visualisierungstechniken. Ferner wird durch das Repräsentationsschema für die geometrische Modellierung sowohl die interaktive Geometrie-Rekonstruktion als auch eine mögliche Automatisierung unterstützt.

 

Die Visualisierungstechniken spielen im Prozeß der Erfassung des geometrischen Modells eines Rekonstruktionsobjekts eine wichtige Rolle. Die tragen dazu bei, daß drei Typen von Interaktionsräumen zur Geometrie-Rekonstruktion angeboten werden können:

 

virtuelle dreidimensionale Interaktionsräume,

dreidimensionale Interaktionsräume und

zweidimensionale Interaktionsräume.

Die Visualisierung eines geometrischen Modells in virtuellen dreidimensionalen Interaktionsräumen wird durch stereoskopische graphische Darstellung realisiert. In den dreidimensionalen und zweidimensionalen Interaktionsräumen werden die geometrischen Modelle monoskopisch grafisch dargestellt. Die grafischen Modelldarstellungen können in allen Fällen mit Darstellungen von entsprechenden Objektbildern gemischt werden. Für die Unterstützung der Interaktion in virtuellen dreidimensionalen Räumen wird in IMOR-3D die Möglichkeit angeboten, aus monoskopischen Bildpaaren stereoskopische Bildpaare zu erzeugen. Darüber hinaus können Ansichten des Rekonstruktionsobjekts erzeugt werden, mit denen keine Originalbilder assoziiert sind.

 

Durch die dreidimensionalen Interaktionsräume werden Voraussetzungen für eine schnelle Erfassung dreidimensionaler geometrischer Modelle geschaffen. In einem dreidimensionalen Interaktionsraum kann man dreidimensionale geometrische Primitive erfassen ­ dadurch erübrigt sich das explizite Festlegen der Korrespondenz zwischen geometrischen Primitiven, die in zweidimensionalen Räumen erfaßt worden sind. Die so erfaßten Modelle können unter Umständen unpräzise sein. Das Präzisieren kann aber durch Interaktion in zweidimensionalen Interaktionsräumen erfolgen. Zu diesem Zweck bietet IMOR-3D auch die Positionierung geometrischer Primitive mit Unterpixelgenauigkeit.

 

 

 

Personen

Laufzeit

Start: 01.01.1995
Ende: 31.12.1996