Am 1.1.2000 trat das Gesetz über das Epidemiologische Krebsregister Niedersachsen (EKN) in Kraft und schuf die rechtliche Grundlage für den Aufbau eines bevölkerungsbezogenen Krebsregisters in Niedersachsen, das noch im gleichen Jahr seine offizielle Arbeit aufnahm. Zu seinem 10-jährigen Bestehen lädt das EKN nun Ärzte, Kooperationspartner, Wissenschaftler und die interessierte Öffentlichkeit zu einem zweitägigen Symposium mit dem Titel „Krebsregister und Versorgungsforschung“ am 17./18. November ins OFFIS – Institut für Informatik ein.
Die Aufgabe des EKN ist die flächendeckende Erfassung von Neuerkrankun-gen und Sterbefällen aufgrund von Krebs mit dem Ziel der Beobachtung zeitlicher Trends und auffälliger kleinräumiger Häufungen. Darüber hinaus sollen Daten für Studien bereitgestellt und die Krebsursachenforschung unterstützt werden.
In Niedersachsen erkranken jährlich etwa 44.000 Menschen neu an einem bösartigen Tumor. Häufigste Krebsart bei Männern ist dabei Prostatakrebs mit etwa 6.700 Fällen pro Jahr, bei Frauen Brustkrebs mit etwa 6.000 Neuerkrankungen pro Jahr. Mit Abschluss des 1. Halbjahres 2010 wurden insgesamt über 2.1 Millionen Meldungen an das EKN geliefert und erfasst, die rund 786.000 Patientinnen und Patienten, davon 640.000 aus Niedersachsen, betreffen. Das Verhältnis von 3:1 zwischen Meldungen einerseits und an Krebs erkrankten Menschen andererseits ist auf die Mehrfachmeldungen zu Tumoren z.B. von onkologischen Kliniken, Pathologien und anderen Datenlieferanten zu erklären. Der Grad der Mehrfachmeldungen ist ein gutes Maß für die Qualität eines Registers, das EKN hat bereits den angestrebten und wichtigen Vollständigkeitsgrad von über 90 % erreicht.
Die komplexen Vorarbeiten für das landesweite Krebsregister wurden ab 1991 unter Leitung des damaligen Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit maßgeblich von OFFIS durchgeführt, nachdem in der Koalitionsvereinbarung der neuen Landesregierung vom 19. Juni 1990 der Aufbau eines Landeskrebsregisters grundsätzlich beschlossen wurde. Oldenburg spielte schon Anfang der 90er Jahre eine wichtige Rolle aufgrund der exzellenten Vorarbeiten in der dortigen Nachsorgeleitstelle und zum Aufbau des Tumorregisters Weser-Ems unter Führung des damaligen Chefarztes für Onkologie Prof. Dr. Hans-Jochen Illiger, mit dem OFFIS eng zusammenarbeitete, wie der Bericht der NWZ vom 13. Juni 1993 zeigt.
Eine zentrale Herausforderung für die Informatiker im OFFIS bestand darin, mit dem renommierten gesamtdeutschen Kinderkrebsregister in Mainz ein für Krebsregister neuartiges Meldemodell umzusetzen und in der Praxis zu erproben. „Das Meldemodell zielte darauf ab, einerseits den Aufbau eines möglichst vollständigen und qualitativ hochwertigen Datenbestandes zu gewährleisten und andererseits den Anforderungen des Datenschutzes, konkret dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Patienten, gerecht zu werden“, erklärt Herr Prof. Dr. Dr. h. c. Hans-Jürgen Appelrath, der das Projekt seit Beginn maßgeblich forciert und umgesetzt hat. Dieses bis dahin weder national noch international erprobte Modell sah eine organisatorische und technische Trennung des Krebsregisters vor: mit einer Vertrauensstelle, die die gemeldeten Daten im Klartext sammelt und dann verschlüsselt an eine Registerstelle übergibt, die die anonymisierten Daten dauerhaft speichert und differenziert auswertet. Während OFFIS von Beginn an die Aufgaben der Registerstelle übernahm, wurde Mitte 1997 die Vertrauensstelle im Niedersächsischen Landesgesundheitsamt geschaffen. Zum 1.1.2001 wurde die Registerstelle dann von OFFIS in die Ausgründung OFFIS CARE GmbH mit aktuell 11 Beschäftigten verlagert.
Anlässlich des 10jährigen Geburtstags veranstalten OFFIS und die OFFIS CARE das Symposium „Krebsregister und Versorgungsforschung“, das sich am ersten Tag mit Fragen der Versorgungsforschung auf Basis von Krebsregistern befasst. Beiträge gibt es zu den Themen Gesundheitsstrategie der Europäischen Union für Krebsregistrierung und Versorgungsforschung, Versorgungsforschung in der Onkologie, Klinische Krebsregister zur Unterstützung und Bewertung der Versorgung sowie das EKN im Umfeld der Versorgungsforschung. Der zweite Tag des Symposiums thematisiert, welche Rolle Krebsregisterdaten für die Bewertung so genannter Screening-Programme, für die Qualitätssicherung und Gesundheitsplanung sowie für die Gesundheitspolitikberatung spielen können. „Nach den Fachbeiträgen der national und international ausgewiesenen Referenten werden im Rahmen einer moderierten Diskussion die weiteren Entwicklungen in der Zusammenarbeit von Krebsregistern und Versorgungsforschung erörtert“, betont der ärztliche Leiter der Registerstelle Joachim Kieschke.
Prof. Appelrath sieht in dem Symposium und folgenden Aktivitäten auch einen Beitrag für die geplante European Medical School, die als einen von zwei Forschungsschwerpunkten die Versorgungsforschung im Zusammenspiel von Universität, OFFIS und den Oldenburger Kliniken vorsieht.
Anmeldungen zum Symposium sind noch unter der Rufnummer 0441 361056-18 möglich, das Programm ist im Internet unter www.offis.de/ekn einsehbar.
Ansprechpartner für Rückfragen der Redaktion:
Dr. Wilfried Thoben
Bereichsleiter Gesundheit, OFFIS
Telefon: 0441 9722-131
E-Mail: thoben(at)offis.de
Joachim Kieschke, MSP
Ärztliche Leitung der Registerstelle, OFFIS CARE GmbH
Telefon: 0441 361056-12
E-Mail: kieschke(at)offis-care.de
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.offis.de/ekn
www.krebsregister-niedersachsen.de
www.offis.de
www.offis-care.de